Vom Wanderer zum Bergsteiger

das war das Motto unseres 5 tägigen Grundkurses Bergsteigen und Klettersteig der Sektionen München und Oberland. 5 Teilnehmer und unser Kursleiter Reinhold stellten sich auf der Blaueishütte im Berchtesgadener Land der Aufgabe aus ambitionierten Wanderern wahre Bergsteiger zu machen. Dabei mussten wir Ängste überwinden, die eigne Komfortzone verlassen und feststellen, dass in einem selbst mehr steckt als man vorher glaubt.

Schleppen mit Aussicht auf Kuchen

Vollgepackt mit schweren Rucksäcken stehen wir am Parkplatz zum Beginn unserer Tour und lernen erstmals unsere Mitstreiter kennen. Alle sind wir aufgeregt, was die nächsten Tage auf uns zu kommen wird. Reinhold unser Kursleiter verrät zunächst nur, dass uns auf der Hütte der Beste Kuchen weit und breit erwartet. Von diesen legendären Kuchen auf der Blaueishütte hatten wir auch im Vorfeld schon gehört, für den einen oder anderen war diese Information sogar Kursauswahl entscheidend. Mit Vorfreude auf diesen Kuchen und spannenden Gesprächen schleppten wir also unsere Ausrüstung die 800hm auf die Hütte. Die Aussicht auf das Berchtesgadener Land, wurde nur noch übertroffen von der absolut überwältigenden Lage der Blaueishütte. Hohe Felswände, riesige Steinblöcke und der Blaueisgletscher – und hier werden wir nun 5 Tage verbringen? Ein absoluter Bergtraum!

Kuchen und nochmal Kuchen

Nach kurzem Kuchentest (Hervorragend!) geht der Kurs auch schon richtig los. Wir erkunden unsere Umgebung und lernen wie viele verschiedene Geländeart es gibt und was deren Besonderheiten sind. Auch das erste Schneefeld queren wir und stellen fest, dass dies nicht für alle so einfach ist, wie für Reinhold, der entspannt mit Händen in den Hosentaschen die Querungstechnick erklärt. Zurück in der Hütte heißt es bei Apfelschorle und einem zweiten Stück Kuchen Knoten üben! Der krönende Abschluss für einen super ersten Tag war bei einem leckeren Schweinsbraten das WM Spiel der Deutschen auf einem Minifernseher mit der gesamten Hütte zu verfolgen. Glücklich und kaputt ging es dann in die frisch renovierten Zimmer mit Blick auf den Hochkalter. – ob wir da noch hochgehen?

Bergsteigerbasics

Nach einem ausgiebigen Frühstück ging es auch schon an den Fels. Klettersteigausrüstung an und schwupps hingen wir schon in der Wand. Die sah von unten eigentlich nicht so hoch aus, stellte sich aber von oben doch beeindruckender heraus als zunächst gedacht. Nach dem ersten Adrenalinstoß ging es dann weiter zum Abseilen lernen. Hier waren die Männer der Gruppe wahre Gentleman und ließen den Damen den Vortritt – ob das wirklich nur die guten Manieren waren? Nachdem die Mädels überlebt und mit breiten Grinsen zurückkamen, waren dann auch die Männer ganz wild aufs Abseilen und nach der ersten Überwindung wollte jeder nochmal und nochmal.

Die Sache mit dem Prusik

Zum Abschluss dieser Übung wollte uns Reinhold noch das Abseilen mit Prusiksicherung zeigen, was sich als Lebensnaher gestalten sollte als beabsichtigt. Im Vorfeld hatte er uns bereits erklärt, dass wenn der Prusik das tut was er soll, nämlich klemmen, es etwas schwieriger ist, den Knoten wieder zu lösen und ein hoher körperlicher Aufwand erforderlich ist um weiter abseilen zu können. Daher wollte unser Kursleiter diese Situation nicht demonstrieren. Es kommt aber ja bekanntlich anders als man denkt und so hing Reinhold aufgrund einer Mittelmarkierung des Seils im Überhang und kam weder hoch noch runter. Der Spott von uns Teilnehmern war ihm in dieser wahrlich verklemmten Situation natürlich gewiss. Gleichzeitig waren wir alle doch etwas ratlos, wie ihm nun zu helfen sei. Da Reinhold aber im Gegensatz zu uns bereits erfahrener Bergsteiger ist, zeigte er uns wie man sich da wieder „rausprusikt“ und wir lernten hautnah die Tücken des Bergsports kennen.
Nach anschließenden Fixseil legen und weiterem Abseilen trieb uns die Kälte wieder in die gemütliche Hütte, wo schon heiße Suppe und leckere Spareribs auf uns warteten.

Regen und Schnee

Schon nach dem ersten verschlafenen Zwinkern am morgen von Tag 3 wurde jedem klar, der Wettergott ist uns heute nicht hold, es prasselten große Tropfen auf die Fenster unserer Zimmer. Auch nach langem Frühstücken wurde das Wetter leider nicht besser, aber das hieß nicht, dass wir einen Tag frei hatten. Wir und auch die anderen Kurse die mit uns auf der Hütte waren nutzen das schlechte Wetter für Theorieeinheiten, die eben auch zum Bergsteigen gehören. Das führt dann dazu, dass wir mit Stecken und Biwaksack einen vermeintlich Verletzten durch die Hütte transportierten, während nebenan Seilschaften einen Stand an den Hüttenbalken bauten. So erlebten wir eine tolle und lustige Atmosphäre auf der Hütte und lernten unzähliges über verschiedene Krankheiten am Berg, das Wetter, einige Erste Hilfe Maßnahmen und wie man eine Tour richtig plant.

Als am Nachmittag das Wetter besser wurde nutzten alle die Gunst der Stunde und strömten hinaus. Wir machten uns sogleich auf Richtung Blaueisgletscher und stiegen das Schneefeld empor, so dass auch das Gehen im Schnee schon etwas leichter ging. Während die Kletterkurse noch in der Wand hingen, konnten wir zurück in der Hütte Schnitzel bis zum Umfallen genießen. Da verkündete uns Reinhold, dass das Wetter am nächsten Tag top sein soll und wir so gut drauf sind, dass er mit uns die Besteigung des Hochkalter versuchen möchte. Absolut überrascht und aufgeregt machten wir uns früh auf in unsere Betten um fit zu sein für den nächsten Tag.

Nebel – Fluch und Segen zu gleich

Nun sollte es also losgehen auf den Hochkalter, dieser Gipfel den wir noch keinmal zu Gesicht bekamen, da er immer in den Wolken lag. Wir sahen uns schon auf den Gipfel unsere Brotzeit essen und verfolgten euphorisch die Tourenbesprechung am Frühstückstisch. Reinhold bremste uns aber, indem er uns erklärte, dass er nicht garantieren kann, dass wir auch wirklich den Gipfel erreichen. Das erste Ziel sollte zunächst die Schlüsselstelle, eine Kletterpassage im II- Grad, sein.

Echtes Bergsteigen am Hochkalter

Dann ging es also los, über ein Geröllfeld bis zum Einstieg der ersten leichten Kletterstelle. Diese meisterten wir konzentriert und mit Spaß. Oben am Grad angekommen erstreckte sich ein absolut atemberaubendes Panorama in alle Richtungen. Nun ging es mal leichter mal schwerer am Grad entlang, der immer mehr im Nebel lag. Dieser Nebel verdeckte zwar die tolle Sicht, sorgte aber auch dafür, dass man „das Elend“ in Form von tiefen Abgründen nicht sah, was dem ein oder anderen durchaus gelegen kam. Mit Wandern hatte das Alles auf jeden Fall nichts mehr zu tun!

Als wir den ersten Schnee sahen, hatten wir auch schon die Schlüsselstelle erreicht, die uns Reinhold von oben Sicherte und schwupps hatten wir auch diese gemeistert. Jetzt war der Gipfel zum Greifen nahe, alle motoviert den Hochkalter zu bezwingen. Zum Greifen nahe stellte sich dann aber als länger heraus als gedacht. Letztendlich erreichten wir aber alle munter und glücklich den Gipfel. Als Belohnung für unsere Mühen lichtete sich auch der Nebel und wir konnten einen tollen Blick ins Tal und auf die Blaueishütte erhaschen.

Da einem der Gipfel aber erst gehört, wenn man wieder unten ist, hieß es jetzt auch konzentriert wieder abzusteigen. Dies geht im Gegensatz zum Wandern keinesfalls so viel schneller als hoch. Zum Glück konnten wir zumindest die Schlüsselstelle kräftesparend Abseilen.
Nach 9 anstrengenden aber tollen Stunden waren wir alle wieder heil auf der Blaueishütte angekommen und sogar der Respekt anderer Bergsteiger war uns gesichert. Dieser Erfolg wurde natürlich am Abend gebührentlich gefeiert.

Echte Bergsteiger

Unser letzter Morgen unseres Grundkurs Bergsteigen und Klettersteig war leider wieder total verregnet, so dass wir uns dafür entschieden gemütlich zu Frühstücken und dann wieder ins Tal abzusteigen. Mit tollen neuen Erfahrungen und als echte Bergsteiger(-anfänger) ging es dann wieder in die Heimat.

Text: Eva Herold
Bilder: Eva Herold, Reinhold Forster, Marcel Kasper

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