Aufklärung besser als Verbote
Mit Fellen und aus eigener Kraft die winterliche Bergwelt erleben – so haben unsere Großeltern mit dem Skifahren angefangen – lange bevor unsere Berge durch Skilifte erschlossen wurden. In den vergangenen drei Jahrzehnten ist die Anzahl der sportlich ambitionierten Skibergsteiger angestiegen und hat in unseren Bergen einen ungeahnten Boom erlebt. Ultraleichtausrüstung, enge Hosen und eine Armbanduhr mit Pulsmesser, GPS und weiteren 35 Features zählen hier als Charakteristikum.
Grundsätzlich ist das nicht schlecht, oder?
Immerhin handelt es sich um Aktive wie du und ich, die die Natur und den Bergsport mögen. Also eigentlich eine wunderbare Ausgangssituation. Jedoch hat sich einhergehend mit der Zunahme der Tourengeher, die häufig schon im Frühwinter wohnortnah und oft auch bei geringer Schneelage unterwegs sind, auch das Konfliktpotential erhöht. So zählen Skibergsteiger*innen und Schneeschuhgeher*innen, die unbeabsichtigt in den Bereich einer Wildfütterung geraten oder die über die Schneehöhle eines Raufußhuhnes stapfen, zu den oberflächlich sichtbaren negativen Begleiterscheinungen dieses Trends. Wir wollen dazu beitragen, dass Skibergsteigen, Snowboardtouren und Schneeschuhwanderungen trotz ihrer Entwicklung zum Massenphänomen nach wie vor sehr umweltfreundlich ausgeübt werden können. Daher ist es besonders wichtig, Informationen und Hintergrundwissen zur winterlichen Flora und Fauna und die daraus abgeleiteten Verhaltensempfehlungen weiterzugeben. Denn nur „wer richtig Bescheid weiß, hält sich freiwillig an nachvollziehbare und vernünftige Regeln“, so beschreibt Manfred Scheuermann (DAV Projektleiter) die Kampagne „Natürlich auf Tour“.
Aus „Skibergsteigen umweltfreundlich“ wird „Natürlich auf Tour“
Der Alpenverein leistet als weltgrößter Bergsport- und anerkannter Naturschutzverband mit dem Projekt „Skibergsteigen umweltfreundlich“ einen wichtigen Beitrag zur naturverträglichen Gestaltung von Ski- und Schneeschuhtouren in den Alpen. Das Projekt „Skibergsteigen umweltfreundlich“ versucht sensible Bereiche in den Alpen für alle Wintersportler kenntlich zu machen und gibt Routenempfehlungen für Ski- und Schneeschuhtouren. Rund 500 naturverträgliche Skirouten und auch etwa 150 Schneeschuhrouten an ca. 180 häufig besuchten Skibergen im bayerischen Alpenraum zwischen Watzmann und Bodensee wurden auf Naturverträglichkeit geprüft. Die Ergebnisse des erfolgreichen und über zwanzig Jahre laufenden Projektes werden im Rahmen der Kampagne „Natürlich auf Tour“ dargestellt. Durch Infotafeln an den Ausgangspunkten werden die Ausflügler neben Routenempfehlungen auch über das richtige Verhalten aufgeklärt.
Wer sind die Partner?
Der Deutsche Alpenverein, das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, das Bayerische Landesamt für Umwelt und die Vertreter aller vor Ort betroffenen Organisationen.
Was ist das Ziel?
Das Skitouren- und Schneeschuhgehen in den bayerischen Alpen auf Dauer zu sichern. Und gleichzeitig einen effektiven Beitrag zum Arten- und Biotopschutz leisten.
Seit wann gibt es das Projekt?
Seit 1995.
Wo?
Im bayerischen Alpenraum an rund 180 häufig begangenen Bergen.
Was sind die Maßnahmen?
Die Ausweisung von 500 naturverträglichen Skirouten und auch etwa 150 Schneeschuhrouten, sowie von 225 Wald-Wild-Schongebieten, die nicht betreten werden sollen.
Was ist das Ergebnis?
Alle klassischen Skitouren- und Schneeschuhziele sind erhalten geblieben. Die Wintersportler müssen nur auf etwa ein Fünftel der üblicherweise begangenen oder befahrenen Flächen verzichten.
Wo sind die Ergebnisse sichtbar?
Vor Ort an den Ausgangspunkten beliebter Touren weisen Tafeln und Schilder auf Routen und Schutzgebiete hin. Auf den topografischen Karten des DAV aus der Serie „BY“ sind alle Ski- und Schneeschuhrouten sowie alle Wald-Wild-Schongebiete eingezeichnet. Unter alpenvereinaktiv.com gehen alle Skitouren und Schneeschuhtouren mit dem Alpenvereinssiegel in den bayerischen Alpen regelkonform mit den Kriterien von „Natürlich auf Tour“. In den digitalen Winterkarten von alpenvereinaktiv.com sind die Wald-Wild-Schongebiete eingezeichnet und ausgewiesen. Außerdem gibt es immer mehr Skitourenführer, die sich an den Ergebnissen des Projektes orientieren. Dafür verleiht der DAV das Gütesiegel „Natürlich auf Tour“.
Wie verbindlich sind die Routen und Schutzgebiete?
Alle auf Naturverträglichkeit geprüften Routen und Schongebiete, die im Projekt erarbeitet wurden, sind Empfehlungen und basieren auf Freiwilligkeit. Umso wichtiger ist es auch für die Zukunft des Skitouren- und Schneeschuhgehens, dass sich alle daran halten. Aus Empfehlungen können nämlich ganz schnell behördlich verhängte Ge- und Verbote werden.
Hier gibt es noch ein paar mehr Hintergrundinfos
Text: Christian Gabler, Matthias Able, Manfred Scheuermann, Andi Geiß
Bilder: DAV, Daniel Hug, Manfred Scheuermann